20.01.2021 • Pionierinnen
Wie First Ladies die USA geprägt haben
Es war ein enges Rennen und die Wochen danach waren eine Zitterpartie, aber: Joe Biden wird am 20. Januar zum 46. Präsident der USA vereidigt. Seine Frau, Dr. Jill Biden wird die erste First Lady sein, die trotz Einzug ins Weiße Haus ihren Job nicht aufgibt. Biden lehrt am College und will ihre Stelle auch als First Lady halten.
Aber wer glaubt, dass die First Lady nur freundlich lächelt, Empfänge gibt, auf Staatsreisen Blumen entgegennimmt und zu Weihnachten das Weiße Haus dekoriert, irrt.
Ich habe mir angeschaut, wie sich das Amt unter den First Ladies entwickelt hat. Aus Platzgründen führe ich hier nicht jede First Lady der 46 Präsidenten auf, sonst wird es ein Endlos-Post. Übrigens gab es auch mehr als 46 First Ladies, weil die Rolle früher von Töchtern, Schwiegertöchtern und – bei ledigen Präsidenten – manchmal auch von den Ehefrauen hochrangiger Politiker ausgefüllt wurde.
Los gehts mit der Allerersten: Als Martha Washington (geb. Dandridge) 1789 First Lady wurde, existierte weder die Bezeichnung noch das Weiße Haus. Sie war nicht begeistert, dass ihr Mann Präsident wurde. Martha Washington hielt in New York und Philadelphia Events für Politiker, bekannt als “Republican Court”.

Foto: Martha Washington, gemeinfrei
Abigail Adams (geb. Smith) wird 1797 erste Gastgeberin im neu erbauten Weißen Haus. Am Tag der Amtseinführung ihres Mannes pflegte sie dessen sterbende Mutter. Weil sie als Beraterin ihres Mannes eine so aktive Rolle einnahm, gaben Kritiker ihr den Spitznamen „Mrs. President“. Fun Fact: Abigail Adams nutzte den East Room des gerade fertiggestellten Weißen Hauses, um dort die Wäsche zu trocknen.
Während die Treffen, zu denen Martha Washington einlud, nur für die Politiker der Republikanischen Partei ihres Mannes galten, war Dolley Madison (geb Payne) die erste, die zu sozialen Events die Mitglieder beider Parteien einludt und so die Grundlage legte für einen informellen parteiübergreifenden Austausch.
Auch die frühen First Ladies mussten sich schon mit boshaften Spitznamen herumschlagen: Sarah Polk (geb. Childress) kannte den Politzirkus in Washington gut, als sie 1845 First Lady wurde. Sie beriet ihren Mann schon lang bei seiner Arbeit im US-Kongress. Weil sie bei offiziellen Events Tanzen, Kartenspiele und Alkohol verbot, bekam sie den Spitznamen „Sahara Sarah“.
Foto: Sarah Polk, gemeinfrei
Eine Bücherfreundin nach meinem Geschmack war Abigail Fillmore (geb. Powers). 1850 war sie die erste First Lady, die nach der Hochzeit weiter gearbeitet hatte: Sie war Lehrerin. Beim Einzug ins Weiße Haus soll sie entsetzt gewesen sein, dass es keine Bibliothek gab – sie sammelte Bücher, lud Autor*innen und Künstler*innen ins Weiße Haus ein.
Die Stilikone vor Jackie Kennedy war Harriet Lane. Sie übernahm die Rolle der First Lady 1857 für ihren ledigen Onkel James Buchanan. Frauen kopierten ihre Frisur und Mode. Sie engagierte sich für soziale Zwecke, etwa bessere Lebensbedingungen für Indigene auf den Reservaten.
Foto: Harriet Lane, Library of Congress Prints and Photographs Division, digital ID cwpbh.00692
Mary Lincoln (geb. Todd) unterstützte als First Lady ab 1861 die Politik ihres Mannes, die Union zu retten und die Sklaverei abzuschaffen, obwohl ihre Brüder für die Südstaaten kämpften. Sie litt im intriganten Washington. 1865 wurde Lincoln direkt neben ihr ermordet.
Julia Grant (geb. Dent) brillierte 1869 in der Rolle als First Lady nach Jahren des Bürgerkriegs, der Ermordung eines Präsidenten und einem Amtsenthebungsverfahren gegen einen Vorgänger. Dienstags empfing Grant die Öffentlichkeit, einzige Bedingung: Frauen mussten Hüte tragen, Männer ohne Waffen kommen.
Foto: Julia Grant (1876), gemeinfrei
Lucy Hayes (geb. Webb) wurde als 1877 als erste First Lady regelmäßig als solche bezeichnet und hatte einen eigenen Terminplan. Sie war die erste First Lady mit Universitätsabschluss, ließ Badezimmer und ein Telefon installieren, lud den ersten afroamerikanischen Musiker ein.
Helen Taft (geb. Herron) war 1909 die erste First Lady, die ihrem Mann in der Parade zur Amtseinführung folgte. Sie ließ >3000 japanische Kirschbäume um das Washingtoner Reservoir pflanzen. Als erste First Lady besaß sie ein Auto und fuhr, rauchte und war pro Frauenwahlrecht.
Edith Wilson (geb. Bolling) etablierte die Rolle auf Reisen in Europa und trug ab 1915 die Rationierungen im Ersten Weltkrieg mit. Nach dem Schlaganfall ihres Mannes Woodrow Wilson übernahm sie weite Teile seiner Regierungsgeschäfte, gilt manchen sogar als eigentliche Staatslenkerin in dieser Zeit. Wer ihren Mann oder sie umgehen wollte, musste mit Konsequenzen rechnen: Den Innenminister entließ sie, nachdem er eigenmächtig Kabinettssitzungen einberief.
Foto: Edith Wilson, Library of Congress Prints and Photographs Division, digital ID cph.3a26698
Eleanor Roosevelt hielt ab 1933 als erste First Lady regelmäßige Pressekonferenzen – zu denen dann auch nur Reporterinnen eingeladen waren, die Männer mussten draußen bleiben. Eleanor Roosevelt war mit vielen einflussreichen und beeindruckenden Frauen ihrer Zeit befreundet, zum Beispiel Amelia Earhart. Die unternahm mit ihr 1933 bei einem Dinner im Weißen Haus spontan einen Rundflug. Roosevelt hatte eine tägliche Zeitungskolumne und sprach 1940 als Erste auf einem Parteitag. Häufig vertrat sie ihren Mann Franklin D. Roosevelt, der infolge einer Polio-Erkrankung nicht sehr mobil war. Während des Zweiten Weltkriegs unterstützten die USA das von Japan angegriffene China. Warum Eleanor Roosevelt über Chinas
First Lady Madame Chiang sagte: „Sie kann wunderschön über die Demokratie reden, aber sie weiß nicht wie man eine Demokratie lebt“, könnt ihr
in diesem Blogbeitrag lesen.
Die First Lady engagierte sich für Frauen- und Bürgerrechte und für die Aufnahme von Flüchtlingen während des Zweiten Weltkriegs. Nachdem Franklin Roosevelt sie betrogen hatte, pflegte Eleanor Roosevelt eine enge Freundschaft mit Journalistin Lorena Hickock. Briefe der beiden deuten sogar daraufhin, dass ihre Beziehung mehr als nur Freundschaft war. 1945 wurde Eleanor Roosevelt US-Delegierte der UN und erarbeitete die UN-Menschenrechtserklärung mit.
Foto: Eleanor Roosevelt mit der Deklaration der Menschenrechte im November 1949,
FRD Presidential Library & Museum, 64-165, CC BY 2.0
Jacqueline Kennedy (geb. Bouvier) hatte als erste First Lady 1961 eine Pressesprecherin, war Fashion-Ikone, förderte die amerikanische Kultur und Geschichte. Sie leitete die historische Restaurierung des Weißen Hauses und das Design des Rosengartens. 1963 wurde ihr Ehemann, Präsident John F. Kennedy beim Wahlkampfbesuch in Dallas neben ihr erschossen.
Claudia Alta „Lady Bird“ Johnson (geb. Taylor) hatte als First Lady ab 1963 ihre eigene Stabschefin, setzte sich als Erste direkt für Gesetzgebung ein, den „Highway Beautification Act“. Sie engagierte sich für Kinder aus ärmeren Familien, für den Civil Rights Act und die Umwelt.
Betty Ford (geb. Bloomer) hatte zu Beginn ihrer Amtszeit eine Mastektomie und sprach offen über ihre Brustkrebserkrankung. Sie unterstützte die Gleichstellung von Frauen und das Recht auf Abtreibung. Nach ihrer Zeit als First Lady sprach sie außerdem offen über ihre Suchtprobleme und gründete die Betty Ford Klinik.
Rosalynn Carter (geb. Smith) setzte sich wie Lady Bird Johnson und Betty Ford für das Equal Rights Amendment zur Gleichstellung von Frauen ein. Sie engagierte sich für mental health, vertrat ihren Mann auf Auslandsreisen und hatte als erste First Lady ein Büro im East Wing.
Barbara Bush (geb. Pierce) kämpfte als First Lady ab 1989 gegen Analphabetismus und förderte Leseprogramme für Kinder. Sie sprach sich für Abtreibungen, LGBT-Rechte und Bürgerrechte aus, schuf ein Bewusstsein für AIDS. Ihr geliebter Hund Millie kam mit aufs offizielle Porträt.
Hillary Clinton (née Rodham) verfolgte als erste First Lady bis zum Amtsantritt eine eigene politische Karriere. Sie hatte ein Büro im West Wing zusätzlich zum East Wing und fungierte wie eine Beraterin, was ihr auch viel Kritik einbrachte. Sie schlug während der Präsidentschaft ihres Mannes eine Gesundheitsreform vor und sagte 1995: „Frauenrechte sind Menschenrechte.“ Jahrzehnte später wurde sie jedoch scharf kritisiert für ihre Haltung gegenüber den Frauen, die ihrem Ehemann Bill Clinton sexuelle Belästigung vorwarfen. 2016 fasste Hillary Clinton selbst das höchste Amt im Staat ins Auge, musste sich aber Donald Trump geschlagen geben.
Michelle Obama (geb. Robinson) war 2009 die erste afroamerikanische First Lady. Sie engagierte sich für Mädchenbildung, LGBT-Rechte und die gleichgeschlechtliche Ehe. Sie war Mode-Ikone, kämpfte für gesunde Ernährung und gegen krankhaftes Übergewicht bei Kindern.
Jill Biden (geb. Jacobs) unterrichtet seit 2009 als Professorin Englisch am Northern Virginia Community College und will ihre Stelle auch nach dem Einzug ins Weiße Haus nicht aufgeben. Sie wäre die erste First Lady, die einem Job außerhalb des Weißen Hauses nachgeht.