Wie Frauen den Ku Klux Klan erfolgreich machten

Unter dem Einfluss der Publizistin Mary Elizabeth Tyler fischte der Geheimbund explizit in der Frauenbewegung nach neuen Mitgliedern – mit Erfolg. 

Der Klan entstand 1865 nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs aus Protest gegen das Ende der Sklaverei. Der Männerbund wandte sich gewaltsam gegen Bürgerrechte für Schwarze. Die Gewalt uferte so aus, dass es selbst dem damaligen Anführer zu viel wurde und er den Klan 1871 auflöste. 

Inspiriert vom rassistischen Film “Birth of a Nation” stieg Wanderprediger William Joseph Simmons an Thanksgiving 1915 auf den “Stone Mountain” bei Atlanta und gründete den Klan neu. Aus dem Film stammen die beiden bekanntesten Merkmale des Klans: Die weißen Kutten und Kapuzen sowie das Verbrennen von Kreuzen. 

Doch Anfang des 20. Jahrhunderts war der Amerikanische Bürgerkrieg bereits über 50 Jahre her. Längst hatte sich in den Südstaaten grausame Lynchjustiz gegen Schwarze Amerikaner*innen etabliert. In den ersten fünf Jahren nach der Neugründung gewann der Klan kaum Mitglieder. 

Tyler fischte in der Frauenbewegung

Simmons wandte sich deshalb an Mary Elizabeth Tyler und Edward Young Clarke. Das Duo führte die Werbeagentur “Southern Publicity Association”. Insbesondere Tyler richtete den Klan mit einer Marketingstrategie nun neu aus: Bald galt die Ablehnung nicht mehr nur Schwarzen, sondern allen “Fremden” – Tyler nutzte damit die Ängste vor Überfremdung und der Verwässerung der eigenen Kultur, die die große Einwanderungswelle in den 1880er Jahren ausgelöst hatte. Auch Antisemitismus und die Ablehnung von Katholiken gehörten bald zum Programm des Klans.

Besonders intensiv rekrutierte Tyler in der Frauenbewegung. Mit Einführung des Frauenwahlrechts waren Frauen politisiert worden und ein nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen interessierte sich für rechtsgerichtete Überzeugungen. 1920 war auch das landesweite Alkoholverbot in Kraft getreten, für das Frauen z.b. in der Women’s Christian Temperance Union hart gekämpft hatten.

500.000 Frauen im Geheimbund

Bei Badewettbewerben, Rodeos und auf Flugshows ließ Tyler talentierte Redner*innen wie Daisy Douglas Barr auftreten, um die Ideologie des Klans zu verbreiten. Sie gewann Pfarrer, die Xenophobie und Intoleranz gleich von der Kanzel predigten. 

Ihre Strategie ging auf: Zur Blütezeit in den 20ern gehörten nach Schätzungen von Historiker*innen 500.000 Frauen zum Klan: Die größte “Women of the Ku Klux Klan”-Ortsgruppe in Indiana hatte 250.000 Mitglieder.

Sie zeichneten das Bild einer heilen Familie, in der der Mann nur für Frau und Kinder sorgen kann, wenn ihm die Arbeit nicht von Ausländern oder Andersgläubigen weggenommen wird. Die Frauen des Klans engagierten sich für Waisenhäuser, Schwangeren-Heime und in örtlichen Schulbehörden – und versuchten so, die Ideologie der “white supremacy” (weiße Überlegenheit) sogar in Klassenzimmer zu tragen. 

„Flüsterkampagnen“ und verbale Gewalt

Die Frauen entwickelten Kampagnen wie “Kaufe nur beim Klan” und beteiligten sich aktiv an “Flüsterkampagnen”, der Verbreitung von schädigenden Gerüchten. Klanfrauen stärkten und verbreiteten die Ideologie und übten verbale Gewalt aus. Das Monopol auf physische Gewalt hielten die Männer – was jedoch nicht heißt, dass die Frauen diese Aktionen nicht billigten oder sogar guthießen. 

Das schnelle und starke Wachstum der WKKK-Gruppen wurde ihnen schließlich zum Verhängnis: Es kam zu Machtkämpfen. Mary Elizabeth Tyler und andere weibliche Führungsfiguren wurden der Veruntreuung von Geldern beschuldigt und entmachtet. Nachdem männliche Klanführer mit brutalen Gewaltakten gegen Frauen Schlagzeilen machten, verließen vor allem Frauen in Scharen den Klan. Bis heute hat der Geheimbund seine einstige Stärke (zum Glück!) nie wieder erreicht.

 

Wenn ihr mehr zum Thema lesen wollt:

Kathleen M. Blee: Women of the Klan. Racism and Gender in the 1920s

Linda Gordon: The Second Coming of the KKK – The Ku Klux Klan of the 1920s and the American Political Tradition

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