Frau am Drücker: Pionierinnen der Fotografie

Frauen sind oft Pionierinnen neuer Technologien. Ein Blick auf Fotografinnen beweist, wie viele sich schon früh die neue Technik – in diesem Fall die Kamera – zunutze gemacht haben, um stilistisch neue Ausdrucksformen zu schaffen und sich kreativ auszudrücken.

Diesen Blogpost schreibe ich als Liebhaberin der Blog-Fotografie besonders gern. Wenn ihr auch Hardcorefans der Fotografie und schon jetzt neugierig auf mehr seid: Im Podcast findet ihr eine Folge über Gerda Taro, Pionierin der Kriegsfotografie und außerdem zwei Folgen mit Dirk Primbs vom wunderbaren Podcast Fotomenschen. In einem unterhalten wir uns über die Pionierinnen der Fotografie, in einer weiteren Folge sprechen wir über Dorothea Lange, die das Leben der Amerikaner*innen während der Großen Depression in den Dreißiger Jahren dokumentierte. 

Jetzt aber zurück zu den Fotografinnen, die ich euch vorstellen wollte:

Anna Atkins (1799-1871) war künstlerisch interessiert und lernte vom Physiker John Herschel das Fotoverfahren der Cyanotypie. Mit der Technik produzierte sie ein Botanik-Buch. Damit ist die erste Autorin eines Buches, das ausschließlich mit einem fotografischen Verfahren illustriert wurde.

Fotos: Anna Atkins (1861), gemeinfrei; Cyanotypie aus Anna Atkins’ Buch British Algae: Cyanotype Impressions von 1843, gemeinfrei

Julia Margaret Cameron (1815-1879) hatte schon die halbe Welt gesehen, bevor sie eine Kamera in die Hand nahm und dann in ihrer Umgebung fotografierte: Cameron wurde in Kalkutta geboren, wuchs in Frankreich auf, lernte in Südafrika ihren Mann kennen und lebte dann als Hausfrau und Mutter in England. Mit 48 wurde sie Fotografin und lebte sich dann kreativ aus. Cameron inszenierte religiös-romantische Szenen und fotografierte Porträts, die uns besondere Einsichten in die viktorianischen Zeit geben.

Fotos: Julia Margaret Cameron und ihre Söhne Henry and Charles, circa 1858, Fotograf unbekannt, gemeinfrei; „Pomona“ (Alice Liddell als junge Frau), 1872, gemeinfrei

Anne Brigman (1869-1950) wurde auf Hawaii geboren, wo ihre Eltern als Missionare arbeiteten. Nach längeren Reisen schloss sie sich der Bohème-Szene in San Francisco an und begann 1901 zu fotografieren. Sie arbeitete nie kommerziell. Brigman inszenierte weibliche Akte in der Natur, besonders häufig in der Sierra Nevada.

Ilse Bing (1899-1998) wurde in eine Frankfurter Kaufmannsfamilie geboren und kaufte sich für ihre Dissertation über einen Architekten eine Voigtländer um die Bauten zu fotografieren. Einmal auf den Geschmack gekommen, wechselte Ilse Bing bald zu einer kleineren, handlicheren Leica. Sie fotografierte Reportagen und musste in den Dreißiger Jahren vor den Nazis in die USA fliehen. Dort machte sie Porträt- und Werbefotos.

Annelise Kretschmer (1903-1987) und ihr Mann lebten ein für ihre Zeit revolutionäres Modell: Sie verdiente als Fotografin das Geld, er versorgte die Kinder. 1929 eröffnet Kretschmer als eine der ersten deutschen. Fotografinnen ein eigenes Atelier in Dortmund. Dort porträtierte sie Kulturschaffende im Stil der neuen Sachlichkeit und hatten großen Einfluss darauf, den Look der neuen Frau zu etablieren.

Lee Miller (1907-1977) lernte schon als Kind fotografieren, fand sich aber zunächst auf der anderen Seite der Kamera: Miller war Fotomodell für die Vogue, bevor sie sich schließlich selbst der Modefotografie widmete. Dafür lernte sie und ließ sich inspirieren von einem bekannten Fotografen ihrer Zeit: Man Ray; zeitweise waren die beiden auch romantisch involviert. Im Zweiten Weltkrieg wurde Lee Miller dann Kriegsfotografin für die Amerikaner und dokumentierte den Vormarsch der Alliierten. Miller war mit ihrer Kamera bei der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau dabei. Ikonisch ist ihr Selbstporträt in Hitlers Badewanne.

Foto: Lee Miller (1943), CC BY-SA 4.0

Marianne Breslauer (1909-2001) besuchte eine Fotoklasse in Berlin und lernte in Paris ebenfalls kurzzeitig bei Man Ray. Dort entwickelte sie ihre Bildsprache und widmete sich der Reportagefotografie im Stil des Neuen Sehens. Gemeinsam mit der Schweizer Reisejournalistin und Fotografin Annemarie Schwarzenbach bereiste und fotografierte sie u.a. Spanien. Doch als jüdische Deutsche wurde sie von den Nationalsozialisten verfolgt und emigrierte in die Niederlande. Ende der Dreißiger Jahre gab sie die Fotografie auf und wurde stattdessen erfolgreiche Kunsthändlerin.

Gerda Taro (1910-1938) wurde als Gerta Pohorylle in Stuttgart geboren und floh als Jüdin und Gegnerin der Nationalsozialisten nach Paris. Dort traf sie Endre Friedmann, der sie Fotografieren lehrt und ihr Partner wird. Vermutlich auf sie geht die Entscheidung zurück, sich Künstlernamen zuzulegen: Gerta Pohorylle nannte sich nun Gerda Taro. Und Endre Friedmann hieß fortan Robert Capa. Gemeinsam zogen die beiden in den Spanischen Bürgerkrieg. Als erste Kriegsreporterin dokumentierte Taro dort den Krieg und starb mit nur 27 Jahren tragisch nach einem Einsatz. Mehr über ihr Leben und Wirken erfahrt ihr in meiner Podcastfolge über Gerda Taro.

Foto: Gerda Taro (1936/37), gemeinfrei

Vivian Maier (1926-2009) wurde als Kind von Einwanderern in der Bronx geboren und wuchs in Frankreich und New York auf. Maier blieb ledig und arbeitete zeitlebens als Kindermädchen. In ihrer Freizeit zog sie mit ihrer Kamera durch die Städte, in denen sie lebte: New York und Chicago. Ihre Fotos wurden durch Zufall erst lange nach ihrem Tod entdeckt: Unzählige unentwickelte Filmrollen lagerten in Kartons. Kindermädchen und Hobby-Fotografin Vivian Maier wurde posthum zum Street Photography Shootingstar. 

Masha Ivashintsova (1942-2000) hat eine Geschichte, die der von Vivian Maier ähnelt: Sie lebte in Leningrad und verdiente mit wechselnden Jobs Geld – Ivashintsova arbeitete zum Beispiel als Bibliothekarin und Aufszugsmechanikerin. In ihrer Freizeit schnappte sie sich ihre Kamera und fotografierte das Leningrader Leben. Die Schätze verschwanden ebenfalls lange in Kisten im Schrank, auf dem Dachboden oder im Keller – jedenfalls entdeckte Ivashintsovas Tochter erst nach dem Tod der Mutter die unentwickelten Filmrollen: 30.000 Negative. 

Marta Hoepffner (1912-2000) studierte in Frankfurt Malerei, Grafik, Fotografie und gründete 1934 die „Werkstätte für künstlerische Fotoaufnahmen“. Ihr Atelier wurde 1944 bei einem Bombenanschlag zerstört. Hoepffner schuf Lichtobjekte und surrealistische Fotomontagen.

Foto: Marta Hoepffner (1943), gemeinfrei

Tina Modotti (1896-1942) war erst 13, als sie von Italien in die USA emigrierte. Von ihrem Geliebten, dem Fotograf Edward Weston, lernte sie das Fotografieren. Ab 1923 dokumentierte sie das Leben in Mexiko. Kommunistisch eingestellt, engagierte sie sich in Spanien während des Spanischen Bürgerkriegs gegen Francos Faschisten. 

Und die vorerst letzte: Grace Robertson (1930-2021) bekam von ihrem Vater, Fotograf Fyfe Robertson, 1949 eine Leica und fertigte Foto-Essays. Mit ihrer Arbeit dokumentierte Robertson das Leben britischer Frauen im Großbritannien der Nachkriegszeit.

Jetzt erhältlich

Das Buch zum Podcast:
Nicht nur Heldinnen

Am 13. März 2023 ist mein Buch „Nicht nur Heldinnen“ im Herder Verlag erschienen. Es versammelt 20 Porträts von Frauen, die wir bewundern können – und solchen, deren Handeln bei uns Widerspruch weckt oder zum Nachdenken bringt. Du kannst das Buch bei Buchhändler*innen deines Vertrauens bestellen oder direkt bei Herder:

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